Mittwoch, 5. Juni 2013

Reisetagebuch: Caerdidd & Taff (Teil 3)





Unser dritter Stopp war dann in Cardiff, die hübsche kleine Hauptstadt von Wales. Cardiff war auch der erste Ort unserer Rundreise, an dem ich selbst noch nie vorher war, und deshalb für mich einer der interessantesten Ziele unserer Reise.
Was ich vorher nicht über Cardiff wusste: Vor der Industrialisierung war Cardiff noch ein wiiiiinzig kleines Fischerdorf mit einem kleinen nichts-bedeutenden Hafen. Kaum jemand kannte es, und von "Hauptstadt" war noch lange nicht die Spur. (Sowas hatten die Waliser auch gar nicht. Erst Mitte der neunziger wurde Cardiff zur Hauptstadt ernannt, wenn ich mich richtig erinnere). Was dem kleinen Cardiff (oder: Caerdidd) passiert war? Kohle. Und zwar die damals "reinste Kohle der Welt." Jeder, der etwas auf sich gehalten hat, wollte damals walisische Kohle, weil eine Studie der Queen damals die Kohle aus Cardiff als die wertvollste ernannt hat. So hat Cardiff schwupps im 19. Jahrhundert 25% der Weltenergie geliefert. Und jemand, der somit zu Zeiten Queen Victorias aufgewachsen ist und in Cardiff groß geworden ist, der ist in einem kleinen, winzigen 2000 Seelen Dorf mit altem vermodertem Schloss in der Mitte geboren worden, und in der größten Stadt von Wales und reichsten Stadt von Großbritannien gestorben. . . Hui.
 Somit stammt aber auch so ziemlich alles, was man im kleinen Cardiff heute sieht eben aus jener Victorianischen und Edwardianischen Zeit, als die Stadt so rasant anwuchs und die reichen Herrschaften, die sich hier niederließen sich herrschaftliche Häuser (und Arcades, da komme ich später noch zu) so zentral mitten in die "Innenstadt" bauen konnten - denn hier war ja vorher nichts.
 Natürlich ist Cardiff heute nicht mehr die "reichste Stadt" Großbritanniens, und auch die Bevölkerungsdichte nahm nach dem Untergang der Kohleindustrie wieder stark ab, (was gut ist, denn in einem 2 Familienhaus kamen hier manchmal hundert Leute unter.), aber Cardiff blieb die größte Stadt Wales und hat ihre Bedeutung als Hauptstadt erhalten.
All das haben wir natürlich während einer Walking Tour gelernt (war ja klar ;) ) Die Cardiff Walking Tour trifft sich jeden Tag vorm Cardiff Castle und erzählt mir dann spannende Dinge und zeigt mir Orte, die ich sonst so nicht gefunden hätte, und bestimmt nicht so Wert geschätzt hätte.

Wie z.B. die Tatsache, das wir auf den Turm der St. John Church klettern durften - das passiert nur, wenn das Wetter so gut ist, dass die enge kleine Steinwendeltreppe so absolut trocken ist, dass man auch sicher oben ankommt. Also nur so ca. 2 mal im Jahr, wurde uns gesagt. Wir durften hoch, meine Höhenangst und ich sind tausend Tode auf dem Weg nach oben gestorben und wir haben uns lang und breit ausgemalt, wie mein aufgebrochener Schädel wohl so aussieht, wenn er hier jetzt abrutscht und auf die Stufen unten knallt... und hatten ein großartige, atemberaubende Aussicht weit über Cardiff hinaus.
 Mein persönliches kleines Cardiff Highlight war allerdings der Bute Park - in dem vor allen Dingen auch das Schlossgelände verweilt. Der Bute Park hat in etwa Central Park New York Ausmaße und ist somit nochmal mind. doppelt so groß wie die gesamte Cardiffer Innenstadt. Durch ihn durch fließt der River Taff umgebenden von bezauberndsten Grünanlagen und alten Steinbrücken. Auf einem kleinen Boot kann man sich von hier aus direkt zur Cardiff Bay schippern lassen. Es gibt Tea Rooms und Pubs überall verteilt in alten Steinhäusern und unglaublich gepflegte Blumenanlagen, obwohl man hier auch grillen und spielen und alles machen darf. Wir haben aber nur gepicknickt, das wundervolle Wetter genossen, und der Freund musste Gänseblümchen an meinen Blumenkranz knoten, denn bei mir sind sie immer abgefallen ;)
Mein Eindruck bleibt: Cardiff ist die entspannteste kleine Hauptstadt, in der ich je war. Fern von all dem Trubel, hier werden um sechs die Bürgersteige hochgeklappt, und trotzdem fühlt man sich so richtig mittendrin im schnuckeligen Wales.


Ein klitzekleiner Cardiff Guide

Wir durften im schönsten Hostel nächtigen, das ich je bestaunen durfte. Bis ins kleinste Detail traumhaft entzückend mit fake-Efeu Ranken an den Decken über Wimpel- und Lichterketten, die sich durch den ganzen Raum ziehen, mit Lampen aus kleinen Vogelkäfigen, Auszeichnungen fürs Hotel in goldenen prächtigen Rahmen an der Wand, alten Holzbetten (und dem hübschen Ikea Eisen Tagesbett) im Hauptraum, die mit lauter Kuschelkissen bewaffnet als Sofas dienen, schwere Leder Sofas und Tischchen mit hübschen alten Fliesen verziert, Tische aus alten Koffern, Holzfässer als Tische umfunktioniert, und abends alles mit Kerzenlicht umhüllt. Das Menu mit Scrabble-Buchstaben gekennzeichnet, die Tees in der Vitrine mit Ribbon-Schriftzug Aufklebern versehen und kleine Heißluftballons an der Decke, alte Vintage Tassen in den Bücherregalen und Kakao mit Marshmallows und Sahne (die man auch ohne bestellen kann, aber (Zitat) "that's stupid."), die in alten Emaillebechern auf Vintage Untertässchen kommen. Vom Bunk House ist die Rede, und ab jetzt werde ich wegen denen von jedem Hostel enttäuscht sein.

 Die wunderschönen Arcades habe ich ja vorhin schon mal ganz kurz erwähnt. Sie sind die markantesten Überbleibsel des viktorianischen Cardiff und waren damals das modernste vom modernen, quasi der Prototyp der Shopping Mall - nur ohne Megastores und Rolltreppen, sondern mit winzigkleinen süßen Lädchen, mit kleinen Zucker-Treppchen in den zweiten Stock und Balconies, die beide Seiten verbinden. Gläserne Dächer mit Eisen Laternen in denen früher Gaslicht flackerte, hübsch verzierte Fensterfronten und schönster Stuck. Ich bin verliebt in Cardiffs Arkaden. Am allerschönsten fand ich die Castle Arcade: die Ladenfronten und Balkone in rot und weiß gehalten, ein zuckerschöner Laden neben dem anderen. Am liebsten möchte ich sie alle aufzählen. Der kleine Brettspiele Laden, mit dem "Ausprobier-Raum" nebenan, der Kostümladen mit dem Riesen-Dalek vor der Tür, die kleine hübsche Fromagerie mit der wunderschönen Auslage... aber dann wird das hier zu lang, viel viel viel zu lang. Trotzdem muss ich von dem hübschen kleinen, engen, zweistöckigen Troutmark Books schwärmen, mit den alten Kinderbüchern und den neuen Comics, und, direkt daneben, Claire Grove Buttons, ein so entzückender Laden nur voller Knöpfe, ich bin musste sehr viel quietschen.
 Außerdem in der Castle Arcade befindet sich mein Cardiffer Lieblingscafe, der Coffee Barker. Ziegelstein und rohes Mauerwerk trifft auf schwere Ledersessel, süßes Püppchen Porzellan, weiße und Vintage Fliesen im Wechsel mit Blümchen Tapete. Dazu Tees in Emaille Kännchen und Kuchen zum niederknien, täglich wechselnde Suppen und gebackene Kartoffeln mit einem ganzen Menu von Beilagen. Ich bin verliebt.
 Aber auch alle anderen Arkaden in Cardiff sind ihren Besuch Wert. Und es sind viele, alle im Umkreis von gefühlt 5 Metern. Die Royal Arcade, die Morgan Arcade, die Wyndham Arcade, die High Street Arcade, und und und. Befüllt mit süßen kleinen Vintage Lädchen, hübschen Cafés und Krimskrams Läden, einem Urban Outfitters und dem schönen Rossiters mit ihren hübschen Möbeln und ausgefallen Geschenken, oder Wally's, dem beeindruckendesten Delicattessen Laden außerhalb Berlins.
 Umgehauen hat mich dann noch Jacob's Antiques Centre am West Canal Wharf. Ein Trödelladen auf 4 Stockwerken. Ich hab zugeschlagen. Nichts was man hier nicht finden kann, von alten Landkarten zu alten Betttöpfen, Filmkameras oder einer chaise lounge aus dem neunzehnten Jahrhundert.
  Außerdem verzückt hat mich das CFQ in der Womanby Street - Das Cardiff Fashion Quarter. Ein kleiner Street Art verzierter Indoor Second Hand Markt mit einzelnen Ständen die so hübsche Namen tragen wie "Penny Lane". Ein schnuckeliger Verkäufer, der mir von seiner Zeit in Ostberlin vorm Mauerfall erzählt hat (überhaupt, in Cardiff ist der Mensch noch sehr, sehr nett.), Schmuck aus Puppenstubengeschirr, Wolkenkissen, hippe Klamotte und Schallplatten an den Wänden und dem süßen "Aladdin's Café". Das alles in einem Gebäude, das mal ein Art Deco Kino war. I like.

Unsere Hauptattraktion war aber (Wir sind halt schon ziemliche Geeks.) die Doctor Who Experience. Wer es nicht wusste: In Cardiff wird ganz schön viel Doctor Who gedreht. Die meisten Schauplätze die nicht grad in London sind, sind alle hier. Cardiff ist Amy Pond's Village, Cardiff ist Pompeji, Cardiff ist so ziemlich alles. Immerhin ist ja auch der Haupteingang zur Torchwood Zentrale unterm Millenium Centre. Versteht sich. Was liegt also näher als eine kleine Doctor Who Erlebnis Welt mitten auf die Cardiff Bay zu setzen. Von der "Experience" selber durfte ich leider keine Fotos machen (Wir haben den Doctor aus der Pandorica befreit nachdem wir durch den Crack in the Universe gestiegen sind, die Tardis gelandet haben, von Daleks angegriffen und vor Wheeping Angels geflüchtet sind. Hach. Und alles untermalt von Matt Smith, sehr schön.), dafür aber vom Museum. Auch schön. Und Pflicht für jeden Doctor Who-Fan.

Das war's dann auch von Cardiff, next and last stop ist Bristol. Danach gehts dann auch mit meinen "normalen" Posts weiter, und ich verspreche, dass der nicht so lange auf sich warten lässt wie dieser hier.
Und wer von euch hat eigentlich auch schon mal so eine quer-durchs-Land-Reise unternommen? Welches Land und welche Strecke?

8 Kommentare:

  1. was für eine bilderflut :D ich hab langsam wirklich lust auf so eine gb-rundreise ;)

    ich hab mal eine quer-durchs-baltikum-reise gemacht... langer roadtrip... sehr spannend. wir haben alle hauptstädte besucht, blieben länger in tallinn und sind dann über schweden (yeah, stockholm!) und dänemark wieder zurück nach deutschland gefahren... toller trip!

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    1. oh gott, ja,das hört sich großartig an!! Talinn ist schon so langer auf meiner "To-Go" Liste. Hach, und Dänemark erst! ja, auf so eine quer durchs baltikum reise hätte ich auch wirklich große lust^^
      Danke für deinen lieben kommentar <3

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  2. Jetzt hast du mich mal wieder so weit. Ich möchte jetzt, hier, gleich, sofort und AUF DER STELLE nach GB!!
    Warum ist da alles so süß und niedlich und voller Blümchen und hier nicht?!

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    1. hahaha, das hab ich tatsächlich auch einen der Tour Guides gefragt. Warum bloß so viele schöne Blümchen. Weil die Queen das so mag. ;)

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  3. wahnsinn, wahsinn, wahnsinn. wieder so viele schöne eindrücke!

    ach und nach tausend toden wirkt dein post doch irgendwie eher putzmunter;-)

    liebe grüße sendet dir michèle

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    1. Haha^^ Das ist der Adrenalinkick nach der Todesangst, die mach hyperaktiv ;)
      Ich drück dich!

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  4. Bist Du verrückt, wieder normale Posts? Wir wollen jetzt nur noch begeisternde Reise, Städte, Lädchen Post von der ganzen Welt.
    Nee, deine DIY, Berlin u.s.w. Posts sind doch auch so schön!
    Daaanke!

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    1. ♥♥♥♥ wie süß von dir ♥♥♥♥
      Die machen auch Spaaaaaaaaß sag ich dir. Allerdings gehen mir die Städte aus, es sei denn ich krame alten Kram raus ;)
      Außerdem wird es wieder Zeit über hübsche heimische Lädchen zu schreiben. Ich hab noch ne lange Liste abzuarbeiten.
      Hach, liebe cathi, ich freu mich immer so über deine lieben kommentare!

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